Keine Kunstmetropole und doch viele kreative Momente?

Pyrmont trägt seit 1914 das Prädikat Bad und ist somit staatlich anerkanntes Heilbad. Die Nutzung seiner Quellen ist seit gut 2000 Jahren durch Brunnenfunde belegt: Eine kostbare römische Schöpfkelle sowie Gewandfibeln sind im Museum im Schloss Pyrmont zu sehen, wo zudem eine interaktive Dauerausstellung wichtige Persönlichkeiten und Stationen aus der Bad- und Stadtgeschichte lebendig werden lässt. Dies und einige Funde aus der Frühgeschichte wie z. B. eine kupferne Axt sind erste Zeugnisse menschlicher Kultur hier am Ort.
Kurmusik als Kurmittel wird seit über 300 Jahren täglich live gespielt: Einst in einem Musikpavillon auf der Hauptallee, heute in der 1923/24 erbauten Wandelhalle oder in der Konzertmuschel im Kurpark. Die kulturellen Herzkammern von Bad Pyrmont sind das Kurtheater von 1818, noch aus der Goethezeit stammend, sowie das 1928 erbaute Konzerthaus mit der einzigen spielbereiten Konzerthausorgel Norddeutschlands. Das Kurtheater hatte einen Vorgängerbau und davor wurde von Theaterkarren aus das Publikum unterhalten. Heute ist es vor allem das große Engagement der 1996 gegründeten Pyrmonter Theatercompany unter Leitung von Jörg Schade, die in Bad Pyrmont für ein lebendiges Theater Angebot sorgen.
Das Konzerthaus war Jahrzehnte Attraktion weit über Bad Pyrmont hinaus. Berühmte Sinfonieorchester und Stars, Tagungen, Bälle, Turniere und Feste erfüllten das Konzerthaus mit viel Leben. Beide Kultureinrichtungen sind seit Jahren vom Netz und fehlen dem reichen Kulturleben der Stadt mit dem Beinamen Musikbad, sehr. Seit 1973 bemüht sich der musikalische Zweig von arche e.V. um Konzerte in Bad Pyrmont, des Weiteren die städtische Musikschule, die Kirchen und das Angebot in der Wandelhalle; die Musikbad Pyrmont Kulturstiftung engagiert sich satzungsgemäß seit 2004.
1946 wurden die Nordwestdeutsche Philharmonie im Konzerthaus von Bad Pyrmont gegründet. Berühmte Sinfonieorchester gastierten dort und ohne das Neujahrskonzert mit Sektempfang im Konzerthaus fing das Neue Jahr in Bad Pyrmont nicht an. Stellvertretend für internationale Stars seien Josefine Baker und die Comedian Harmonists genannt; stellvertretend für bedeutende Dirigenten der GMD Walter Stöver (Konzerthaus) und Mario Traversa (Kurorchester). Namhafte Musiker wirkten hier, wie Lortzing, die Brüder Busch sowie Mendelson Bartholdy. Telemann verewigte sich mit der 1734 hier komponierten „Pyrmonter Kurwoche“. Die Avantgarde der Neuen Musik tagte in den 1920/30er im Konzerthaus; ebenso internationale Schachturniere, Kongresse und Ärztekongresse. Leider fehlen internationale Tagungen und große Musikformate seit der Schließung im März 2022 sehr.
Das Stadtbild hat sich seit dem fürstlichen Edikt von 1720 zum Erbau der Neustadt Pyrmont bis heute sehr gewandelt. Alte Villen, das Schlossquartier, Hotels, Pensionen und Kuranlagen zeigen heute noch etwas von der einst mondänen Badgeschichte, ebenso der Brunnenplatz mit dem Brunnentempel, sowie als Ensemble Altenauplatz und Kaiserplatz. Manches ist verfallen, abgerissen und modern überbaut, sei es aus Unwissenheit oder doch wissend, aus mangelnden Möglichkeiten, Desinteresse oder fehlendem Engagement heraus geschehen. Jede Zeit braucht und sucht Platz für ihren Ausdruck und ihre Notwendigkeiten. Freie Sichtachsen in die umgebende Natur, wie sie einst angelegt waren, erschließen sich nur noch von den umliegenden Berghöhen aus.
Stellvertretend für andere Kulturschaffende aus Bad Pyrmont sei der international anerkannte Bildhauer Friedrich Drake genannt, der seiner Heimatstadt 1858 das einzig große Kunstwerk im öffentlichen Raum der Stadt schenkte: Die sogenannte Drake-Vase, welche den Mittelpunkt des Altenauplatzes bildet. Sie zeigt die menschlichen Lebensalter und den Bezug zu den heilsamen Quellen von Bad Pyrmont.
Als Gesamtkunstwerk im öffentlichen Raum darf auch die bereits erwähnte Untere Hauptallee mit Wasserlauf gesehen werden: Auch hier zeigen Figuren Allegorien auf die Lebensalter des Menschen, begleitet und erhalten von Wasser und Musik, die aus Pylonen erklingt.
- Der Heimatbund Bad Pyrmont schickt seit Jahren Beiträge zur Aufnahme in die Rote/Weiße Mappe, die dem Niedersächsischen Ministerpräsidenten vorgelegt werden. Der Heimatbund Bad Pyrmont beteiligt sich mit Eingaben an die kommunale Verwaltung, wenn es um Schutz und Erhalt von baulichen Anlagen geht, die erhaltenswerte historische Werte repräsentieren.
- Der Heimatbund Bad Pyrmont hat Bürgerinitiativen um den Altenauplatz und den Parkplatz am Gondelteich unterstützt. Auch setzt er sich weiter als Zielsetzung für den Erhalt und die Wiedereröffnung von Konzerthaus und Kurtheater ein.
- Satzungsgemäß wird die Kommunikation mit entsprechenden Behörden und Institutionen gesucht und geführt.
- Mit Publikationen und Vorträgen wird zum Erhalt der Kulturgeschichte von Bad Pyrmont beigetragen.
- Seit 2017 sind Bemühungen angelaufen, den Komponisten Georg Philipp Telemann als berühmten Kurgast in Bad Pyrmont sichtbarer zu machen. Der Heimatbund hat dafür das Projekt „Telemann in Pyrmont“ initiiert und strebt die Anerkennung von Bad Pyrmont als weiterem anerkannten Telemann Standort an.